Höxter. Ist ein Land von einer Hochwasserkatastrophe betroffen, kann es bei der Europäischen Union um Unterstützung bitten. Die Mitgliedstaaten können dann Hilfe anbieten. In Deutschland betreiben die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) und die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hierfür das gemeinsame Modul „Flood Rescue using Boats“ (FRB). Rund 100 Einsatzkräfte der Einheit für Auslandseinsätze trainieren seit Donnerstag rund um Höxter in Westfalen das Evakuieren von Menschen in einem Hochwassergebiet und die Versorgung von Verletzten. „Beide Organisationen bringen unterschiedliche Fähigkeiten mit. Zusammen stellen wir ein hochspezialisiertes Team zur Bewältigung von Wassergefahren“, erläuterte THW-Präsidentin Sabine Lackner im Vorfeld der Übung. „Gemeinsam können wir schnell und effektiv helfen – und zwar unabhängig von der Versorgungslage für unsere Helferinnen und Helfer“, ergänzt DLRG-Präsidentin Ute Vogt.
Großflächige Überschwemmungen in Höxter und Umgebung bilden das Szenario für etwa 100 Einsatzkräfte und unterstützendes Personal, die vom 24. bis 28. April gemeinsam trainieren. Das THW konzentriert sich dabei beispielsweise auf den Transport mit schweren Booten oder auf die Bergung von havarierten Schiffen; die DLRG hingegen auf das Retten von Personen mit leichten Booten und die notfallmedizinische Versorgung von Unfallopfern.
Die beteiligten Helfer und Helferinnen beider Organisationen kamen zunächst am Mittwochabend in einem Bereitstellungsraum zusammen. Am Donnerstagmorgen fuhren sie in Kolonne ins Einsatzgebiet, wo sie zunächst ihr Camp für die kommenden Tage errichteten. Im Hauptteil der Übung geht es um das Evakuieren von Personen, die im Hochwasser eingeschlossen sind. Zudem wird der Transport von Hilfsgütern auf dem Wasser trainiert.
Ein FRB-Modul besteht aus 39 Einsatzkräften, von denen 13 dem THW und 26 der DLRG angehören. Um im Notfall einen ausreichend großen Pool an Einsatzkräften zur Verfügung zu haben, ist der Personalstamm rund fünf Mal vorhanden. Daneben gehören elf verschiedene Boote, unterschiedliche Lastkraftwagen, Mannschaftsfahrzeuge, Geländestapler, ein Rettungswagen und Camp-Ausstattung für 50 Einsatzkräfte zur Ausrüstung einer FRB-Moduleinheit. Dieses Team für Auslandseinsätze ist inhaltlich wie materiell mit anderen europäischen FRB-Moduleinheiten deckungsgleich und damit kombinierbar.
„Was diese Übung von anderen im Bevölkerungsschutz bei Hochwasserlagen grundlegend unterscheidet, sind der Auf- und Abbau des Camps und dessen Betrieb“, berichtet DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Die Einheit kann sich selbst unterbringen und bis zu 96 Stunden selbst versorgen. Daher gehören neben schwerem Gerät und Rettungsmitteln auch Zelte, Feldbetten, eine Feldküche, Duschen und manches mehr zur Ausstattung. „Das ist bei Einsätzen hierzulande anders, weshalb dieser Teil der Übung besonders wichtig ist“, so THW-Präsidentin Sabine Lackner.
Seit 2017 arbeiten beide Organisationen an der Entwicklung dieses gemeinsamen Moduls. Zuletzt waren DLRG und THW im Februar 2022 als Team im Auslandseinsatz auf Madagaskar, jedoch nicht als komplettes FRB-Modul. Drei Monate danach fand am Bodensee die letzte große gemeinsame Vollübung statt. „Und heute beobachten wir, wie reibungslos unsere Helferinnen und Helfer inzwischen Hand in Hand arbeiten“, sagt Vogt.
DLRG und THW streben eine Zertifizierung ihrer Einheit bei der EU an. Finanziert wird das Modul durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat. „Wenn die Europäische Union beim nächsten internationalen Hilfeersuchen eine solche Einheit benötigt, dann wollen THW und DLRG mit ihrem deutschen FRB-Modul an Bord sein“, unterstreicht Lackner.
Das THW ist die ehrenamtliche Einsatzorganisation des Bundes. Das Engagement der bundesweit rund 88.000 Ehrenamtlichen, davon die Hälfte Einsatzkräfte, ist die Grundlage für die Arbeit des THW im Bevölkerungsschutz. Mit seinem Fachwissen und den vielfältigen Erfahrungen ist das THW gefragter Unterstützer für Feuerwehr, Polizei, Hilfsorganisationen und andere. Das THW wird zudem im Auftrag der Bundesregierung weltweit eingesetzt. Dazu gehören unter anderem technische und logistische Hilfeleistungen im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens der Europäischen Union sowie im Auftrag von UN-Organisationen.
Die DLRG als private Wasserrettungsorganisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Hierfür klären ihre ehrenamtlich Aktiven über Wassergefahren auf, bringen Menschen das Schwimmen bei und bilden sie im Rettungsschwimmen aus. Zudem wachen mehr als 42.000 Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer jährlich über 2,5 Millionen Stunden über die Sicherheit von Badegästen und Wassersportlern. Sie engagieren sich darüber hinaus in der örtlichen Gefahrenabwehr und bilden Einheiten der über 100 DLRG Wasserrettungszüge für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Die DLRG zählt derzeit über 600.000 Mitglieder.
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