Bad Nenndorf. Rund 10.000 Athleten und Betreuer werden in der kommenden Woche zu den Special Olympics World Games Berlin 2023 erwartet. Zwei von ihnen werden beim größten Multi-Sportevent in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1972 in München neben den deutschen Farben auch die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) vertreten: Schwimmer Simon Rupp und sein Trainer Thomas Türk von der DLRG Ortsgruppe Grefrath werden mittendrin sein und streben nach Edelmetall.
„Ich bin dabei und freu‘ mich“, sagt Simon. Der junge Mann mit Down-Syndrom, der am Tag vor der Eröffnungsfeier am 17. Juni im Olympiastadion seinen 24. Geburtstag feiert, ist einer von 20 deutschen Sportlern, die sich für die Schwimmwettbewerbe qualifiziert haben. Seit mittlerweile neun Jahren schwimmt er in der Behindertensportgruppe der DLRG Grefrath. Im vergangenen Jahr gewann er zwei Goldmedaillen bei den National Games der Special Olympics (ebenfalls in Berlin) und qualifizierte sich für die diesjährigen Weltspiele. Die Nominierung für den sportlichen Höhepunkt seines Lebens beflügelte seinen Trainingseifer nochmals enorm. Zusätzlich zum wöchentlichen Übungsabend in Grefrath trainiert Simon seit Jahresbeginn bis zu fünfmal pro Woche im Schwimmbad seiner Heimatstadt Kempen. Die Betreiber unterstützen ihn, in dem sie auf den Eintritt verzichten. „Simon ist ein sehr ehrgeiziger und aufmerksamer Mensch. Wenn er von einer Sache überzeugt ist, gibt er alles dafür, das Ziel zu erreichen“, sagt sein Trainer Thomas Türk.
Gold soll es sein
Der junge Mann ist meistens in Bewegung. Wenn er nicht schwimmt, tritt er in die Pedale, stemmt Gewichte, läuft auf der Tartanbahn oder tanzt. Auch Tischtennis spielt er gern; am liebsten mit dem besten Kumpel im Heilpädagogischen Zentrum Krefeld, wo er Gartengeräte verpackt. Als Familienmensch verbringt Simon viel Zeit mit seinen Eltern, Zwillingsbruder Roman und Hund Joschi. Vor ein paar Jahren kam ein neues Hobby hinzu, das ihn durchaus gerne zum Beruf machen würde: er schauspielert. Bislang hat der 23-Jährige in zwei Filmproduktionen – in einer davon an der Seite von Wotan Wilke Möhring – und einer Miniserie mitgespielt. Doch was, wenn er sich entscheiden müsste? Schwimmen oder Schauspiel? „Es muss beides gehen.“ Das ist für ihn keine Frage.
Derzeit liegt die volle Konzentration auf dem Schwimmen. Bei den Special Olympics World Games wird Simon über 100 Meter Lagen und 200 Meter Brust starten und zudem in der Staffel antreten. „Ich will Gold holen“, formuliert der Grefrather Schwimmstar das Ziel, ergänzt aber sogleich: „Wenn es nicht klappt, auch nicht schlimm.“
Erfahrung zur Seite
„Anfangs hatte Simon eine ziemliche Schere“, erinnert sich sein Trainer Thomas, der seit 1996 auch die Ortsgruppe leitet. Eine Teilnahme an Wettkämpfen der Special Olympics wäre damit ausgeschlossen gewesen. Doch gemeinsam mit seinem Übungsleiter gelang es dem jungen Sportler, sich von der Schere zu verabschieden. „Er setzt die Dinge schnell um, ist ehrgeizig und konzentriert bei der Sache“, nennt der Trainer wichtige Charaktereigenschaften seines Schützlings. Dass Simon damit auch bei den Weltspielen erfolgreich sein kann, daran zweifelt er nicht. Und er muss es wissen: 2019 bei den Spielen in Abu Dhabi gehörte der heute 64-Jährige schon einmal zum deutschen Trainerstab. Damals betreute er einen Freiwassersschwimmer, der eine Goldmedaille gewann. „Natürlich würde ich mich riesig freuen, wenn Simon das in Berlin auch gelingt. Das wird nicht einfach, aber sein Trainingseifer und seine Entwicklung in den letzten Monaten lassen mich hoffen“.
Der Studiendirektor und Oberstufenkoordinator am Gymnasium in Nettetal trainiert in seiner Freizeit inzwischen seit 30 Jahren Menschen mit Behinderungen. Seit 1996 nimmt die Trainingsgruppe an Wettkämpfen teil. Die Begeisterung, die seine Athleten dabei an den Tag legen, ist es, was Thomas Türk bis heute motiviert: „Man muss das einmal erlebt haben, wie sie sich über einen Sieg oder eine gute Platzierung freuen können.“ Hinzu kommen die Dankbarkeit und Herzlichkeit, die er immer wieder erfahre. Außerdem verschaffe die Tätigkeit mit den behinderten Menschen einen „echten Ausgleich“ zum oft stressigen und zum Teil frustrierenden Alltag in der Schule.
Wie Simon ist auch Thomas schon voller Vorfreude auf die Herausforderung, die in Berlin auf sie wartet. „Ich bin fest davon überzeugt, dass es zwei unvergessliche, allerdings auch anstrengende Wochen werden.“ Weiterhin erhofft sich der engagierte Schwimmtrainer, dass die Weltspiele im eigenen Land „einen großen Schritt hin zu mehr Integration und Inklusion“ leisten werden.
Über die Special Olympics:
Die Special Olympics World Games Berlin für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung finden vom 17. bis 25. Juni in Berlin statt – und damit erstmals in Deutschland. Das Programm umfasst 28 Sportarten. Die Abschlussfeier für die rund 10.000 Teilnehmer steigt am Brandenburger Tor. www.berlin2023.org.
Über die DLRG
Die DLRG ist mit über 1,9 Millionen Mitgliedern und Förderern die größte Wasserrettungsorganisation der Welt. Seit ihrer Gründung im Jahr 1913 hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Schirmherr ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die DLRG ist der größte private Anbieter in der Schwimmausbildung und die Nummer eins in der Rettungsschwimmausbildung in Deutschland. Von 1950 bis 2020 hat sie fast 23 Millionen Schwimmprüfungen und über fünf Millionen Rettungsschwimmprüfungen abgenommen. In 2.000 Gliederungen leisten die ehrenamtlichen Helfer pro Jahr rund 8,1 Millionen Stunden freiwillige Arbeit für die Menschen in Deutschland. Die Kernaufgaben der DLRG sind die Schwimm- und Rettungsschwimmausbildung, die Aufklärung über Wassergefahren sowie der Wasserrettungsdienst. Mehr als 42.000 Mitglieder wachen jährlich über 2,5 Millionen Stunden über die Sicherheit von Badegästen und Wassersportlern.
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